ERNE Maurer-Lernende bauen Mehrfamilienhaus in Eigenregie
In Gipf-Oberfrick bauen mehrere Maurer-Lernende zusammen ein Mehrfamilienhaus von A bis Z Sprich vom Fundament bis zum Dachstock legen sie selber Hand an. Unterstützt werden sie durch einen motivierten Bauführer, einen erfahrenen Polier sowie einen Kranführer. Bereits von Anfang an holte das Projekt-Team die Lernenden mit ins Boot. Dank der Bereitschaft der Familie Kim, dass ERNE dieses Vorhaben als Lehrlingsbaustelle ausführen darf, können die Jugendlichen ihre Skills tagtäglich einsetzen und stetig verbessern und lernen somit auch, Verantwortung zu übernehmen.
Ziel des Projekts ist es, den Lernenden praxisnah alle Schritte eines Hausbaus beizubringen und somit einen bleibenden Lerneffekt zu erzielen. Die Jugendlichen können alle Arbeiten selbständig planen und ausführen. Diese Baustelle ist, dank der verschiedenen Arbeiten, die sie teilweise auf Grossbaustellen nicht erledigen müssen, sehr abwechslungsreich für die Auszubildenden. Eine Herausforderung für alle ist jedoch der Wechsel des Personals. So müssen Schule, überbetriebliche Kurse und Ferien gut koordiniert werden. Für Markus, den Polier, ist das nicht immer ganz einfach.
Vier der Lernenden Maurer geben im Interview Auskunft
Wie war das für dich, als du für die Lehrlingsbaustelle ausgewählt wurdest und wie findest du das jetzt?
Nick (3. LJ): Ich habe mich sehr darüber gefreut. Vor allem als man uns mitteilte, dass jeder von uns im Turnus die Aufgaben als Polier übernehmen darf, war ich sehr angetan. Auch dass ich dann quasi nur mit anderen Lernenden arbeite, fand ich toll.
José (1. LJ EFZ, vorher EBA-Abschluss): In den zwei Jahren meiner EBA-Ausbildung hatte ich leider nicht das Glück, auf einer Lehrlingsbaustelle zu arbeiten. Umso mehr habe ich mich über die "Nominierung" gefreut. Darauf, von Anfang bis zum Ende eines Projekts dabei zu sein, mitplanen zu können und mehr Verantwortung zu übernehmen.
Daniel (1. LJ, Zweitausbildung): Ich bin sehr stolz, dass ich ausgewählt wurde. Ich kann hier enorm viel lernen und sehe, an was man alles denken muss. Ich kann und will viel profitieren.
Joel (1. LJ): Ich bin erst seit kurzem auf dieser Baustelle und finde es extrem cool, fast ausschliesslich mit Lernenden zu arbeiten. Von den drei älteren erhalte ich wertvolle Tipps.
Wie war die Vorbereitung auf dieses Projekt?
Daniel: Am Kick-off Meeting, das wegen Corona online abgehalten wurde, erklärten uns John Siegrist und Dieter Kern was genau entstehen soll und wie der Projektablauf sein wird.
Nick: Sie haben uns die Pläne gezeigt, auch eine 3D-Ansicht, wie das fertige Objekt aussehen wird. Wir haben dann mögliche Herausforderungen diskutiert und uns Lösungen ausgedacht, wie man ein solches Projekt angeht. Auch wurden "Ämtli" an uns verteilt.
José: Ich musste zum Beispiel das Material für Schalungen berechnen und wie viele Spriesse benötigt werden. Wir haben auch das detaillierte Bauprogramm erhalten, damit wir uns ein Bild vom Ablauf machen können.
Wie sieht der Tagesablauf auf "eurer" Baustelle aus?
José: Nachdem wir alle auf der Baustelle angekommen sind, ziehen wir uns in der Baracke unsere Arbeitskleider an, wir trinken zusammen einen Kaffee und tauschen uns aus, auch mit Markus oder John.
Daniel: Anschliessend folgt die Toolbox, wo wir bestimmte wichtige und sicherheitsrelevante Punkte des Tages besprechen und wie wir damit umgehen. Das Tagesziel wird besprochen und die Arbeiten verteilt.
Nick: Jeweils am Mittwoch ist Markus, unser Polier, nicht auf der Baustelle. Dann dürfen Daniel oder ich diese Funktion übernehmen und somit auch die Toolbox leiten. Natürlich immer in Absprache mit John.
Was ist für euch anders hier als auf den anderen Baustellen, wo ihr bereits wart?
José: Ich war bisher immer auf Grossbaustellen. Verglichen damit ist diese Baustelle hier eher klein. Der Zeitdruck ist auch nicht so gross und alles viel weniger stressig.
Nick: Wir können hier wirklich vieles selber machen und müssen mehr Verantwortung übernehmen. Im Rahmen der auszuführenden Arbeiten lässt uns Markus viele Freiheiten. Er greift nur ein, wenn es nötig ist.
Daniel: Die Erklärungen zu den einzelnen auszuführenden Arbeiten sind umfassender. Auf den bisherigen Baustellen musste es meistens schnell gehen. Hier muss ich viel mehr selber überlegen, wie ich eine Arbeit anpacken soll und die Arbeiten sind auch vielfältiger. Wenn ich Fragen habe, haben Nick oder Markus immer ein offenes Ohr.
Joel: Bisher durfte ich fast immer nur Betonarbeiten machen. Hier darf ich sogar Eisen legen. Das war schon eine Überraschung und ganz ungewohnt - aber interessant.
Wie hat dich die bisherige Ausbildung auf diese Erfahrung vorbereitet?
Nick: Aus der Schule konnte ich hier das Ausziehen des Materials konkret anwenden. Und in meinen drei Jahren Lehre bei ERNE habe ich mir von den verschiedenen Polieren eine Menge abgeschaut und sie haben mir auch viele Kniffe gelehrt.
José: Genau, die Ausbildung hängt sehr von den Polieren ab. Ich habe bisher immer die nötige Unterstützung erhalten.
Am Mittwoch dürft ihr die Arbeit des Poliers übernehmen.
Daniel: Ja, als Polier-Stellvertreter dürfen wir die Arbeiten, welche wir am Abend vorher mit Markus besprochen haben, am Morgen verteilen. In dieser Funktion müssen wir schauen, dass alle Arbeiten vorbereitet sind, sodass die nächsten Schritte erfolgen können; zum Beispiel für eine Betonlieferung. So lernen wir "on-the-job" Verantwortung zu übernehmen. Und auch, wo die Knackpunkte sind, auf die gezielt geachtet werden muss.
Nick: Und wir dürfen die Toolbox leiten, was ein sehr wichtiger Tagespunkt ist. Da werden dem Team wertvolle Tipps zur Arbeitssicherheit mitgegeben, wie z.B. das korrekte Benutzen der Fräse, mögliche Stolperfallen, was tun, wenn die Temperaturen hoch sind, etc.
Was empfindest du als am schwierigsten bei diesem Projekt?
Joel: Der Platz auf dieser Baustelle ist enorm eingeschränkt. Wir müssen ständig überlegen, wo wir Material lagern können, damit es schnell zur Hand aber trotzdem nicht im Weg steht. Gute Organisation ist da gefragt.
Daniel: Ich finde, das Führen von Leuten ist schon ziemlich herausfordernd und auch ungewohnt. Ich muss mir gut überlegen, wie ich jemandem etwas mitteile, damit die Aufgabe richtig verstanden und entsprechend richtig ausgeführt wird.
Nick: Nur mit Lehrerfahrung eine Baustelle zu leiten, ist für mich eine grosse Herausforderung. Mir fehlt das Know-how noch, wie ich alles richtig anpacken soll, wo ich was wie machen muss. Und die Zusammenarbeit mit den anderen Gewerken ist auch nicht so einfach. Da ist viel Koordination gefragt. Aber zum Glück sind ja Markus und John bei Fragen zur Stelle.
Was macht am meisten Spass?
Daniel: Ganz klar die Abwechslung. Ich darf ja hier sogar Eisen legen. Jede Arbeit, die ein Maurer machen kann, kann ich hier ausführen.
Joel: Ich finde es ganz toll, dabei zu sein, wie aus dem Nichts ein ganzes Bauwerk entsteht und den Arbeitsfortschritt tagtäglich beobachten zu können. Für mich ist es eine zusätzliche Motivation, am Ende des Tages zu sehen, was erreicht wurde.
Nick: Die Zusammenarbeit mit anderen Lernenden ist mega spannend. Ich finde es auch super, mein Wissen an gleichaltrige weiterzugeben.
Habt ihr Pläne für die Zukunft?
Daniel: Ich möchte zuerst meine Lehre erfolgreich beenden und dann sicher auf dem Bau noch etwas Geld verdienen. Was danach sein wird, weiss ich noch nicht.
Joel: Da ich erst das erste Lehrjahr beendet habe, weiss ich das noch nicht wirklich. Nach der Lehre wartet sicher das Militär.
José: Ich möchte auf jeden Fall auf dem Bau bleiben und irgendwann eine Weiterbildung als Vorarbeiter in Angriff nehmen. Am liebsten bei ERNE.
Nick: Mir gefällt's sehr auf der Baustelle. Ich kann mir gut vorstellen, in Zukunft auch als Bauführer zu arbeiten und möchte die entsprechende Weiterbildung in Angriff nehmen.