Denkmalgeschützte Hauptpost Basel wird nach Entwürfen von Herzog & de Meuron umgebaut

Das denkmalgeschützte Post-Gebäude im Herzen der Basler Altstadt wird bis 2025 komplett umgebaut und verwandelt sich in ein Laden- und Bürogebäude auf sechs Etagen. Der Umbau mitten in der Stadt gestaltet sich aufwendig, zwar ist der Platz um einiges grösser als eine Briefmarke, doch bleibt er eine riesige Herausforderung während der gesamten Renovation. Ein logistisches Unterfangen auf engem Raum, wenn gleichzeitig Rück- und Neubau sowie statische Entkernung stattfinden muss. 

Am Anfang war...

Die Geschichte geht weit zurück: Anstelle des zwischen 1376 und 1378 errichteten Kaufhauses an der Freien Strasse wurde im 19. Jahrhundert die imposante Basler Hauptpost gebaut, die mit eindrucksvoller Architektur das selbstbewusste Auftreten der damals noch jungen Schweizer Post verkörperte – wie übrigens in allen wichtigsten Schweizer Städten. Die historische Schalterhalle beeindruckt mit ihren schlanken Eisensäulen, stummen Zeitgenossen aus der neugotischen Epoche, Bildern von Pionieren aus Wissenschaft und Technik und Wandgemälden des bekannten Basler Malers und Grafikers Burkhard Mangold.

Anforderungen und Bedürfnisse haben sich im Laufe der Zeit geändert, eine Sanierung und Umgestaltung ist in vollem Gange. In enger Abstimmung mit der Denkmalpflege und nach den Plänen des renommierten Architekturbüros Herzog & de Meuron wird das historische Geschäftshaus nun umfassend renoviert, erweitert und in die Zukunft geführt. Unterstützt wird das renommierte Projekt vom Beratungsunternehmen und Nachhaltigkeitspionier Drees & Sommer und von der ERNE AG Bauunternehmung.

Millimeterarbeit zmitzt in der Altstadt

«Hier ist Planung alles», fasst ERNEs Projektleiter Nicolas Egli die Herausforderungen zusammen. Denn wer die Basler Altstadt kennt, weiss: Ein Umbau an dieser Lage fordert logistisches Fingerspitzengefühl. Es gibt kaum Platz für Anlieferungen und Lagerung der nötigen Baumaterialien. Bevor ein Kran gestellt werden konnte, musste der darunter verlaufende Swisscom-Kanal mit Hochspannungsleitungen und Glasfaserkabeln mit Stahlträgern ausgefacht und die Lasten über eine Bodenplatte grossflächig verteilt werden. Auch den guten, alten Birsig Kanal galt es zu berücksichtigen. Und um die Nerven von Anwohnern und Passanten nicht noch mehr zu strapazieren und die Beeinträchtigung der Geschäfte in Grenzen zu halten, stellte das Basler Team von ERNE den Kran kurzerhand nachts auf. Materialien werden erst geliefert, wenn der Handwerker nach ihnen greifen will, quasi just in time, weil die Lagerfläche praktisch nicht vorhanden ist. Das gilt für Aufbau wie Abbruch, alles eine Frage der Disziplin und der exakt getakteten Baustellenlogistik.

 

Komplexe Pläne, klare Strategie

Die Aufgabenliste von ERNE liest sich anspruchsvoll: Statische Entkernung, Sanierung der Kanalisation im Untergeschoss, dort Mikropfähle einsetzen, zwei neue Treppenhäuser, vier Liftschächte und Steigzonen einbauen, erdbebensichere Wände vom zweiten UG bis zum vierten OG einbauen, Deckenverstärkungen und Deckenertüchtigungen vornehmen. «Die Abhängigkeiten auf dieser Baustelle sind enorm», bestätigt Egli. Um den Überblick über diese komplexe Bausituation zu behalten, teilten Drees & Sommer das Gesamtprojekt in klar definierte Zonen ein. Und ERNE entwickelte das Konzept weiter, so dass Rückbau und Neubau gleichzeitig laufen können – es geht nichts über ein präzises Timing. 

Ein detailliertes Aufgaben- und Arbeitsprogramm dokumentiert die jeweiligen Abhängigkeiten. «Das hat sich bis jetzt sehr gut bewährt», so Nicolas Egli.

Das richtige Gespür fürs Alte und Neue

Ein historisches Gebäude zu renovieren, ohne dass es seinen Charakter verliert, dazu braucht es das richtige Gespür und das nötige Feingefühl der Architekten und aller Beteiligten. «Wände und Decken, die ihre ursprüngliche statische Funktion verloren haben, mussten teilweise abgebrochen werden. Nicht ohne vorher die Lasten mit Linien- oder Punktspriessungen aufzunehmen und umzuleiten», erklärt Egli. «Dies über alle Geschosse und mehrere Arbeitszonen hinweg, danach erfolgen die statische Ertüchtigung und das Entfernen der Spriesse.» Zukünftig werden Kunden und Mitarbeitende über eine attraktive Passage im Erdgeschoss zwischen Freie Strasse und Gerbergasse flanieren. In Anlehnung an den früheren Lichthof entsteht ein überdachter, lichtdurchfluteter Patio, der Tageslicht bis ins Erdgeschoss bringt.

Unter der Bodenplatte tut sich was

2024 wurden parallel zur statischen Entkernung vor Ort geschalte und gegossene Treppenhäuser, Liftanlagen und Steigzonen eingebaut, die die Statik stützen und das Gebäude zugleich erdbebensicher machen. 

Ortbetonbau kann anspruchsvoll sein. Denn unter der neuen Bodenplatte des Patio musste ein Raum für die Mediendurchführung von der Seite Freie Strasse zur Seite Gerbergasse geschaffen werden. Nach dem Aufbrechen der alten Kran-Platte musste wiederum dem Birsig Kanal Rechnung getragen werden. Die ausgehobene Erde wurde genau auf dem zuvor eruierten Kanal-Scheitel platziert – nur so war die Tragfähigkeit gegeben. Anschliessend wurde die Unterlagssohle für die Medienkanäle betoniert. Darauf wurden die Zwischenwände und Auflager gemauert und schliesslich die neue Bodenplatte des Patios vor Ort betoniert. Herausfordernd, aber wo ein Wille ist, ist auch ein Ortbeton.

Erdbebensichere Ästhetik

Das alte Treppenhaus im Trakt Gerbergasse wurde komplett neu gestaltet. Vom zweiten UG bis ins vierte OG sorgt der eingesetzte Ortbetonbau für die Aussteifung des historischen Gebäudes.

Das massgeschneiderte neue Treppenhaus im selben Trakt erhält die Untersicht in Sichtbetonqualität – daraus entsteht ein spannender Kontrast aus historischer Eleganz und moderner Architektur, ganz nach der Philosophie von Herzog & de Meuron. «Die engen Platzverhältnisse und der ambitionierte Zeitplan erfordern beim Ortbeton eine genaue Planung, die gleichzeitig die Arbeitssicherheit garantiert», hält Nicolas Egli fest, «doch genau so wichtig ist die Koordination der diversen Arbeitsgattungen, ein gutes Teamwork und Flexibilität. Denn hier schreiben wir gerade gemeinsam ein neues Kapitel der Basler Stadtgeschichte.»